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Themenbeitrag

digitalisierung immobilienwirtschaft

Digitalisierung als Hebel für Klimaschutz

Die EU hat sich mit dem Green Deal ambitionierte Klimaziele gesetzt. Geht es nach dem Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), lassen sich diese nur in Kombination mit einer entschiedenen Digitalstrategie umsetzen. In dem Positionspapier „Ein europäischer Weg in unsere gemeinsame digitale Zukunft“ beschreibt der WBGU die systematische Verzahnung dieser beiden Hebel.

Digitalisierung für den Klimaschutz: Chancen erschließen

Wie groß die Potenziale der Digitalisierung für den Klimaschutz tatsächlich sind, hat gerade der Bitkom in einer Studie quantifiziert. Danach lässt sich der CO2-Ausstoß durch den gezielten und beschleunigten Einsatz digitaler Lösungen in zehn Jahren um 120 Megatonnen (Mio. t) reduzieren. Dies entspricht rund der Hälfte der Emissionsreduktion, die sich Deutschland bis 2030 vorgenommen hat. Die von Accenture für den Digitalverband erarbeiteten Studie macht deutlich, dass bei der Umsetzung Tempo gefragt ist. Läuft nämlich die Digitalisierung des Klimaschutzes ähnlich moderat weiter wie bisher, liegt der Einspareffekt bis 2030 lediglich bei 78 Megatonnen. Untersucht wurden bislang die Anwendungsgebiete industrielle Fertigung, Mobilität, Gebäude sowie Arbeit & Business. Im Frühjahr 2021 folgen noch Landwirtschaft, Energie und Gesundheit.

Im Bereich der industriellen Fertigung entfalten digitale Technologien mit bis zu 61 Megatonnen das größte CO2-Einsparpotenzial. Unterem anderen sorgen dort sogenannte Digitale Zwilling für erhebliche Klimaeffekte. Aber auch der Gebäudebereich ist mit 16 bis 19 Megatonnen ein Sektor mit größeren digitalen CO2-Senkungsoptionen und unterstützt so die Digitalisierung des Klimaschutzes. Insbesondere Smart-Home-Technologien inklusive der Visualisierung der Energieverbräuche für Endkunden – Stichwort: Unterjährige Verbrauchsinformation – tragen hierzu bei.

WBGU: Nutzung privatwirtschaftlicher Daten

Geht es nach dem WBGU, dann können durch Digitalisierung ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele mit gleichem Nachdruck verfolgt werden. Dafür bedarf es einer Umsetzungsstrategie, die digitale Technologien in den Dienst der Nachhaltigkeit stellt und gleichzeitig auch die Risiken adressiert. Dabei muss insbesondere die Datenbereitstellung aus der Privatwirtschaft stärker in den Dienst genommen und die Potenziale der Digitalisierung optimal genutzt werden.

Denn private Unternehmen nehmen mit ihren digitalen Angeboten zunehmend Aufgaben im öffentlichen Interesse wahr. Dazu zählen neben Suchmaschinen oder Karten- und Navigationsdiensten auch mit Sensoren ausgestattete Fahrzeuge, die unter anderem umfangreiche Umweltdaten von hohem öffentlichem Interesse einsammeln. Der WBGU beklagt dieses deutliche Informationsgefälle zwischen öffentlichen Stellen und privaten Anbietern und rät zu einer nachhaltigen Datenpolitik. Diese sollte vor allem eine verbesserte Zugänglichkeit und Weiterverwendung (nicht personenbezogener) privatwirtschaftlich erhobener Daten ermöglichen mit dem Ziel, „gemeinschaftlich nutzbare digitalisierte Wissens-Güter“ zu schaffen.

Daten als zentrale Ressource

Gesellschaftliche und wirtschaftliche Mehrwerte entstehen beim Einsatz der nahezu kostenlos vervielfältigbaren Ressource durch die Kombination von Erhebung, Austausch, Aggregation und Verarbeitung von Daten. Dies wiederum ist dann die Grundlage für fundierte Entscheidungen, neues Wissen oder lernende und automatisierte Systeme. So lassen sich Produktionsprozesse, Landwirtschaft oder Verkehrs- und Logistiksysteme ressourcenschonender gestalten und neue wissenschaftliche Erkenntnisse, etwa zu Zusammenhängen und Folgen des Klimawandels gewinnen. Der WBGU plädiert daher dafür, Datenpolitik als ein neues Feld von Nachhaltigkeitspolitik zu begreifen.

Motivation zur Digitalisierung des Klimaschutzes

Auch im Gebäudesektor sind Daten eine wesentliche Quelle für das Erreichen der Klimaziele. Wenn Gebäudedaten über Cloud-Plattformen mit externen Daten vernetzt werden, entstehen neue Mehrwerte und Anwendungsmöglichkeiten. So kann ein Energiemanagement des Gebäudes die Koordination von Batterie- und Warmwasserspeicher mit der Wärmepumpe, der Solaranlage oder der Ladesäule übernehmen und dabei etwa auch Preissignale des Energieversorgers verarbeiten. Dies stabilisiert die Stromnetze und ermöglicht die dezentrale Energiewende. Dabei muss dem Thema Datenschutz besondere Beachtung geschenkt werden.

WBGU – Unterscheidung von personen- und nicht personenbezogener Daten

Datenerhebung und -zugänge sind dann beschränkend zu regulieren, wenn besondere Schutzinteressen bestehen. Dazu zählt etwa, Privatsphäre, Geschäftsinteressen oder Sicherheit zu gewährleisten. Die im Jahr 2018 eingeführte DSGVO zeigt, dass der Umgang mit Daten gestaltbar ist, selbst wenn starke privatwirtschaftliche Interessen und zahlreiche geschäftliche und private Lebensbereiche betroffen sind. Der WBGU sieht jedoch noch an verschiedenen Stellen Forschungs- und Handlungsbedarf, etwa bei der Unterscheidung von personen- und nicht personenbezogener Daten oder der effektiven und dauerhaften Auflösung von Personenbezügen durch Anonymisierungsverfahren.

Bei Daten über den Energieverbrauch und die Lebensgewohnheiten von Mietern handelt es sich um sehr private Informationen. Oberste Maxime muss ein sachgemäßer Umgang mit diesen Daten sein. Der Mieter hat das individuelle Recht, über Nutzung und Verbleib seiner Daten selbst zu entscheiden. Dieses Recht wird zum einen von gesetzlichen Regeln wie der DSGVO, aber auch vom umsichtigen und verantwortungsvollen Datenumgang von Unternehmen geschützt. Als Leitlinien sollten dabei europäische gelten.

Wir glauben an eine starke europäische Datenwirtschaft als kraftvoller Motor für Innovation und verpflichten uns dabei der gemeinsamen Ziele: Datenhoheit, Interoperabilität, Portabilität und Transparenz.